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Accessibility des E-Commerce verbessern und die Inklusivität für alle Nutzer:innen sicherstellen

Sabine von Nordheim
Sabine von Nordheim
UX Design & Research Lead
Length
23 min read
Date
19 Juli 2023

1,3 Milliarden

Menschen auf der ganzen Welt sind von Behinderung betroffen

3%

des Internets ist für Menschen mit Behinderungen zugänglich

27%

aller Einzelhandelsumsätze werden bis 2026 im E-Commerce getätigt

Accessibility beschreibt die Praxis, digitale Plattformen und Produkte inklusiv zu gestalten. Inhalte, Services, Experiences und Features sollen für alle Menschen erreichbar und nutzbar sein, und zwar unabhängig von individuellen Fertigkeiten und Fähigkeiten. 

Von digitaler Accessibility profitieren übrigens viele Personengruppen, zum Beispiel auch Menschen mit eingeschränkter Hardware oder schlechter Konnektivität. Die größte Gruppe, für die Accessibility wichtig ist, sind allerdings Menschen mit Behinderungen.

Insgesamt identifizieren sich weltweit mehr als 1,3 Milliarden Menschen als Personen mit Behinderung. Trotzdem sind nur 3% des Internets für diese Gruppe zugänglich.

Behinderungen und Einschränkungen können dauerhaft, vorübergehend oder situationsbedingt auftreten. Gemeinsam bei allen Varianten, dass sie den Zugang zu digitalen Produkten für die Betroffenen einschränken. Tatsächlich ist ein Großteil aller Menschen mit zunehmendem Alter in der einen oder anderen Form mit Behinderungen oder Einschränkungen konfrontiert.

  • Einschränkungen des Hör- und Sehvermögens sowie der Mobilität begrenzen sowohl die Art als auch die Anzahl der Inhalte und Plattformen, die für Menschen mit diesen Einschränkungen online zugänglich sind. Gleichzeitig verringern diese Behinderungen die Orientierungsmöglichkeiten innerhalb digitaler Produkte.
  • Auch neurodiverse Menschen, zum Beispiel Personen mit Autismus, ADHS, IDD oder Dyslexie sind von Barrieren betroffen. Ihre Gehirne verarbeiten Online-Informationen anders als es bei neurotypischen Personen der Fall ist. Die Gestaltung und Präsentation digitaler Services oder Plattformen können die Zugänglichkeit einschränken.

Mittels neuer Gesetzentwürfe wie dem Europäischen Gesetz zur Barrierefreiheit wird die Accessibility digitaler Inhalte jetzt zum verbindlichen Standard. Das gilt natürlich auch für den E-Commerce als einen der wichtigsten Bereiche der digitalen Welt.

Laut Morgan & Stanley wird sich das Volumen des E-Commerce Marktes bis 2026 nahezu verdoppeln. Das würde bedeuten, dass dann 27 Prozent aller Einzelhandelsverkäufe online stattfinden.

Das rasante Wachstum im E-Commerce zeigt, dass sich das Einkaufsverhalten grundlegend geändert hat. Ohne Accessibility ist es Menschen mit Behinderungen jedoch nicht möglich, an dieser Entwicklung teilzuhaben und die Vorteile des E-Commerce zu nutzen.

Ohne Accessibility wären Menschen mit Behinderungen von den Vorteile des E-Commerce ausgeschlossen. Sie sind auch von vielen weitere neuen digitalen Alltagsentwicklungen ausgeschlossen. 

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Accessibility und Inklusion sind unverzichtbar

Insgesamt bilden Menschen mit Behinderungen die größte Minderheitengruppe innerhalb der Gesellschaft. Jeder vierte Mensch ist von einer signifikanten Behinderung betroffen. Selbst wenn nicht jede:r persönlich eine Person mit einer signifikanten Behinderung im Umfeld hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir jemanden kennen, dem es so geht. 

Die EAA tritt am 28. Juni 2025 in Kraft und betrifft alle in der EU niedergelassenen E-Commerce-Unternehmen und alle Websites, deren Nutzer:innen vorwiegend dort ansässig sind. 

Die EAA betrifft nicht jede E-Commerce Plattform: Ausgenommen sind archivierte Services, Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und Firmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 2 Millionen Euro. Dennoch ist Accessibility eine Entwicklung, die für Marken auf der ganzen Welt zunehmend obligatorisch wird. 

In den USA ist digitale Accessibility nicht zwingend vorgeschrieben. Wer allerdings die WCAG-Kriterien nicht erfüllt, muss mit einer Klage nach dem Americans with Disabilities Act rechnen. Zwischen 2017 und 2018 hat sich die Zahl der im Rahmen des ADA bei Bundesgerichten eingereichten Klagen auf Accessibility im Internet mehr als verdoppelt. Die Anzahl der Klagen steigt seit 2020 stetig an: 2021 verfehlten 97,4 Prozent der analysierten Websites eines oder mehrere Kriterien der WCAG 2.0 Stufe AA, die gerade mal eine grundlegende digitale Accessibility sichert.

Auch Unternehmen, die nicht in den Geltungsbereich der EAA fallen, sollten umgehend an der WCAG-Konformität ihrer digitalen Plattformen arbeiten, wenn sie auch in Zukunft die Nase vorn haben möchten.

Jenseits der gesetzlichen Pflichten bietet digitale Accessibility E-Commerce Unternehmen auch handfeste wirtschaftliche Vorteile. Menschen mit Behinderungen bilden einen Markt, der 8 Milliarden US-Dollar wert ist. Rechnet man Familie, Freund:innen und Supporter hinzu, ergibt sich ein Volumen von 15 Milliarden US-Dollar.

Die Priorisierung digitaler Accessibility ist also nicht nur ein guter, sondern zusätzlich auch ein kluger Schritt.

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So funktioniert Accessibility im E-Commerce

Ein Report des Baymard Institute, der 33 der umsatzstärksten E-Commerce Websites analysierte, kam zu dem Ergebnis, dass 94 Prozent der Seiten nicht barrierefrei seien. 

Grundlage der Messungen des Baymard Institute bildeten die in den WCAG 2.11 AA festgelegten Kriterien. Sie enthalten Hunderte von einzelnen Benchmarks in vier Hauptbereichen: Bilder, Links, Formularfelder und Keyboard-Navigation. 

Die Mehrheit der E-Commerce schnitt in den folgenden Bereichen schlecht ab: 

  • 82% der Seiten entsprachen nicht den Anforderungen an die Accessibility von Bildern.
  • 73% der Seiten entsprachen nicht den Anforderungen an die Accessibility von Links.
  • 58% der Seiten entsprachen nicht den Anforderungen an die Accessibility von Formularen.
  • 64% der Seiten entsprachen nicht den Anforderungen an die Accessibility der Keyboard-Navigation.

Trotz dieser schlechten Ergebnisse kaufen laut National Retail Federation 72 Prozent der Personen mit Behinderungen lieber online als im stationären Handel. Allerdings ist noch lange nicht jede E-Commerce Website die bessere Wahl als der Einkauf vor Ort. Menschen mit Behinderungen verlassen sich deshalb auf einige wenige E-Commerce Websites, mit denen sie bereits positive Einkaufserfahrungen sammeln konnten.

„Ich kaufe online ein, egal wie… Und da ich eine erhebliche Behinderung habe, kehre ich einfach zu denselben Anbietern zurück, die Accessibility bereits implementiert haben“, sagt Josh Basile, Community Relations Manager bei einem Unternehmen für technische Accessibility, der selbst von der Halswirbelsäule abwärts gelähmt ist 

„Wenn ich dort willkommen bin und mir die Türen geöffnet wurden, komme ich als Stammkunde wieder. Und genau das haben wir bei Menschen mit Behinderungen festgestellt. Sie sind die markentreusten Kund:innen. Sobald man auf sie eingeht, kehren sie immer und immer wieder zurück.“

Querschnittsgelähmte Nutzer:innen wie Basile sind auf Sprachsoftware angewiesen, um auf Websites zu navigieren. Formularfelder, die nicht mit Spracheingabe funktionieren, hindern die Betroffenen daran, Suchfunktionen zu nutzen, Newsletter zu abonnieren oder Zahlungsdaten einzugeben, um einen Kauf abzuschließen.

Menschen mit anderen Behinderungen sind auf Accessibility in weiteren Bereichen angewiesen. Personen mit einer Sehbehinderung benötigen Screenreader zur Wiedergabe der Beschreibungen und Titel der Bilder. Menschen, deren Feinmotorik von Parkinson beeinträchtigt ist, nutzen lieber die Tastatur als ein Trackpad. Für Personen mit einer Farbenblindheit oder eingeschränkter Sehkraft muss der Farbkontrast von Links durch eine Unterstreichung hervorgehoben werden.

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e-commerce concept

Die Resultate der Studie des Baymard Institute zeigen, wie sich andere E-Commerce Websites an die EAA anpassen müssen. Das neue Gesetz basiert auf der WCAG 2.11 AA.

Um die neuen Standards zu erfüllen, sollten E-Commerce Unternehmen folgende Prioritäten setzen:

  • Barrierefreies Design. Die Gestaltung von E-Commerce Websites unter dem Aspekt der Accessibility soll dafür sorgen, dass Menschen mit Behinderungen problemlos auf die Seite zugreifen und darauf navigieren können.
  • Kompatibilität mit technischen Hilfsmitteln. Viele Menschen mit Behinderungen sind auf technische Hilfsmittel wie Screenreader, Spracherkennungssoftware oder alternative Eingabegeräte angewiesen. E-Commerce Websites sollten diese Technologien unterstützen, damit alle Menschen auf die Website zugreifen und mit ihr interagieren können.
  • Klare und präzise Inhalte. Menschen mit kognitiven Behinderungen haben häufig Schwierigkeiten mit komplexer Sprache oder langen Absätzen. E-Commerce Websites sollten klare, verständliche und prägnante Inhalte liefern.
  • Zusätzliche Formate. Alternative Formate wie Audio- oder visuelle Inhalte können Menschen mit Behinderungen helfen, auf Informationen zuzugreifen, die unter Umständen schwer zu lesen oder zu verstehen sind.

Kernbereiche von Accessibility und Integration

Die einzelnen Aspekte der Accessibility unterscheiden sich nicht nur in Abhängigkeit von individuellen Bedürfnissen und Einschränkungen, sondern auch zwischen den einzelnen Phasen der Customer Experience.

Die Customer Experience im E-Commerce ist ständig im Wandel, bleibt jedoch in seinen Grundzügen konstant.

Step 1. Awareness

In dieser ersten Phase wird die/der Nutzer:in über verschiedene Kanäle wie Online-Werbung, soziale Medien, Suchmaschinenergebnisse oder Mundpropaganda auf ein Produkt oder eine Marke aufmerksam.

Der Großteil dieser Kanäle erreicht die Kund:innen über visuelle Inhalte, die für Personen mit Sehbehinderungen nicht zugänglich sind. Da Videoinhalte die Social Media Plattformen von Instagram über TikTok bis hin zu LinkedIn beherrschen, ist zu bedenken, dass Audioinhalte für Menschen mit Hörbehinderungen ebenfalls unzugänglich sind.

Marken, die ihre Accessibility grundlegend optimieren möchten, sollten dabei die folgenden Punkte berücksichtigen:

  • Alttext- und Beschriftungsfelder dürfen nicht unausgefüllt bleiben. Sie stellen sicher, dass Screenreader die komplette Markenbotschaft wiedergeben.
  • Aktivieren Sie die Untertitel für Videoinhalte. Dank der rasanten Fortschritte im Bereich KI funktioniert das auf vielen Plattformen jetzt ganz einfach auf Knopfdruck. Achten Sie darauf, automatisch generierte Untertitel für soziale Netzwerke zu aktivieren und Untertitel bei YouTube Uploads als Standard einzustellen.
  • Veröffentlichen Sie Podcast-Episoden zusammen mit einem Skript. Wir empfehlen den Einsatz von Software wie Descript, um Podcasts und Videos nicht nur wortwörtlich zu transkribieren, sondern auch um lästige „ähm „s, „äh „s und unvollständige Sätze oder irrelevante Anekdoten zu entfernen.

Unternehmen können ihre Accessibility grundlegend verbessern, indem sie diese Phase des Kundenkontakts kreativer handhaben.

  • Diversifizieren Sie Ihre sozialen Kanäle. Eine Marke, die sich auf Instagram verlässt, um ihre Awareness zu erhöhen, sollte sich überlegen, ob sie nicht mit einem Podcast oder einer anderen Form von weniger visuellen, sondern eher hörbaren Inhalten auf Spotify oder YouTube aktiv werden möchte.

Auch wenn die Erweiterung auf einen weiteren Kanal oder eine zusätzliche Plattform neue Strategien und neue Kenntnisse des Social Media Teams Ihrer Marke erfordert, erreichen Sie auf diesem Weg neue Nutzer:innen. Außerdem eröffnen neue Contenttypen einer Marke die Möglichkeit, ihre Brand Identity zu stärken.

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Step 2. Research und discovery

Wenn der/die Kund:in auf ein Produkt oder eine Marke aufmerksam geworden ist, folgen wahrscheinlich der Besuch der Website des Unternehmens, das Lesen von Produktbewertungen, der Vergleich von Preisen und Produkteigenschaften oder die Suche nach Empfehlungen von Freund:innen oder Online-Communities.

Das Fazit für diese Phase ist simpel: Damit jede/r potenzielle Kund:in auf der Markenwebsite mehr erfahren kann, muss sie schlichtweg barrierefrei sein.

Für viele Unternehmen ist diese Aufgabe so komplex, dass es möglicherweise schwer fällt, den richtigen Anfang zu finden. Eine einfache Lösung existiert zwar nicht, aber es bieten sich etliche lohnende Ansatzpunkte zur Entwicklung einer barrierefreien Website.

  • Führen Sie einen Accessibility Check durch. Im Internet finden Sie zahlreiche kostenlose Tools, mit denen Sie Ihre Website auf WCAG-Konformität testen können. Unsere Favoriten sind Accessibility Checker und WebAIM’s Wave, die sich gut eignen, um einen ersten Eindruck davon zu gewinnen, wie viel Arbeit auf Sie zukommen wird. Auch spezialisierte Agenturen können Ihnen bei Bedarf dabei helfen, eine ausführliche Analyse zu erstellen.
  • Informieren Sie sich direkt bei der W3C. Die Organisation, die für die WCAG verantwortlich ist, stellt eine Fülle von Informationen bereit, sowohl in Form einfacher Anleitungen als auch um ein tieferes Verständnis für Accessibility zu gewinnen. Eine Reihe ausgewählter Bewertungstools helfen dabei, bestimmte Kennzahlen zur Accessibility näher zu betrachten.
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Step 3. Consideration

In dieser Phase grenzt der/die Kund:in ihre Optionen ein und bewertet die verschiedenen Alternativen. Kund:innen vergleichen die Produkte nach Funktionen, Preisen, Kundenrezensionen, Versandoptionen, Rückgabebedingungen und dem Gesamteindruck.

In dieser Phase müssen Marken dafür sorgen, dass ihre Accessibility hervorsticht und zwar aus gutem Grund: Wer sich einen guten Ruf in Sachen Accessibility erarbeitet, erhält entsprechendes Kund:innenfeedback und Bewertungen – und damit auch eine treue Fangemeinde von Markenbotschafter:innen.

Für einen guten Ruf sind die Produktseiten besonders wichtig. Hier sollten Unternehmen Standards schaffen, die sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen problemlos mehr über die einzelnen Produkte oder Services erfahren können. 

  • Setzen Sie auf Übersichtlichkeit. Auf Produktseiten wissen die Kund:innen, wonach sie suchen, nämlich nach Beschreibungen, Spezifikationen, Preisen und Bewertungen. Stellen Sie diese Informationen klar und in einer logischen Reihenfolge dar und verwenden Sie eine gut lesbare Schrift in angemessener Größe und mit ausreichendem Farbkontrast.
  • Die Navigation ist entscheidend. Optimieren Sie die Seitennavigation: indem Sie das Design über alle Produkte hinweg schlicht und  konsistent gestalten. Überprüfen Sie, ob alle interaktiven Elemente – von Links bis zum „In den Warenkorb“-Button – sowohl per Trackpad als auch per Tastatur bedienbar sind. Achten Sie auch darauf, dass Datentabellen zum Vergleich von Produkten vollständig navigierbar sind.
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Step 4. Purchase

Die Kund:innen entscheiden sich für das Produkt und schließen den Kauf ab. Dieser Prozess umfasst mehr, als man auf den ersten Blick sieht: Kund:innen legen das Produkt in den Einkaufswagen, wählen eine Zahlungsmethode und geben ihre Zahlungs- und Versandinformationen ein, um die Transaktion abzuschließen.  

Der Bestellvorgang ist der wichtigste Teil der Customer Experience – und der technisch komplexeste. Angefangen bei mehreren Formularfeldern bis hin zu den unterschiedlichen Zahlungsmethoden gibt es vieles, durch das Nutzer:innen navigieren müssen.

Alle diese Felder und Elemente stellen potenzielle Barrieren dar. Beachten Sie bitte folgende wichtige Bereiche:

  • Labels, Anleitungen und weitere Hinweise. Für neurodiverse Kund:innen oder solche mit Aufmerksamkeitsstörungen ist es nicht so wichtig, dass Hinweise auch die Markenpersönlichkeit widerspiegeln. Für sie ist es wichtig, dass die Texte klar und prägnant formuliert sind. 
  • Fehlermeldungen. Erleichtern Sie das Erkennen und Beheben von Fehlern. Eine rote Umrandung allein macht die Seite für Menschen mit Farbenblindheit oder anderen Sehbehinderungen nicht zugänglicher. Fügen Sie in diesem Fall zusätzlich zur roten Umrandung einen Fehlertext hinzu, so ist das Problem gelöst und kann außerdem auch von Screenreadern diktiert werden.
  • Zahlungsmethoden. Gestalten Sie den Bezahlvorgang so einfach wie möglich, indem Sie so wenig Eingaben wie nötig verlangen. Wenn Sie Ihren Kund:innen die Möglichkeit geben, Ihre Daten zu speichern oder alternative Zahlungsmethoden wie PayPal, Apple Pay oder digitale Wallets zu nutzen, erleichtert dies den Bestellvorgang für Menschen mit Behinderungen immens.

Die Vorschläge zur Accessibility, die wir für Produktseiten im Abschnitt Consideration gemacht haben, gelten auch in dieser Phase. Einfachheit ist die beste Strategie für das Seitenlayout und alle interaktiven Elemente sollten auf ihre Navigierbarkeit mit alternativen Methoden, z. B. Assistenzgeräten, überprüft werden.

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Step 5. Post-Purchase Experience

In der Post-Purchase Experience haben Unternehmen die Chance, ihre Kund:innen zu kontaktieren und so deren Vertrauen und Loyalität zu stärken. Zu den Standards zählen Bestellbestätigungen, Versandaktualisierungen, Kundensupport und Feedback.  

Auf den Kaufabschluss folgt die Interaktion mit der Marke durch Follow-ups – normalerweise per E-Mail. 

Gestalten Sie die wichtigen Informationen in diesen Follow-ups barrierefrei indem Sie folgende Tipps beachten:

  • Betreffzeilen. Sie sind wichtiger Teil jeder E-Mail-Kommunikation. Besonders relevant sind sie aber für Menschen mit Behinderungen, die Hilfsmittel nutzen. Einfachheit und Klarheit sind hier wieder entscheidend: Simple Begriffe wie „Auftragsbestätigung“ und „Auftragsstatus“ sollten verwendet werden, damit Menschen mit Behinderungen keine wichtigen Informationen entgehen.
  • Gliederung. Halten Sie die Inhalte Ihrer E-Mail Updates durch klare Strukturen kurz und prägnant. Überschriften und Aufzählungszeichen sind dabei hilfreich. Die Gliederung von Informationen durch Überschriften wie „Wir haben Ihre Bestellung erhalten“ und „Was kommt als Nächstes?“ erleichtert es den Nutzer:innen sich mit Hilfsmitteln in den Mails zu orientieren.
  • Buttons. Auch interaktive Elemente in E-Mails sollten barrierefrei sein. Buttons sollten immer beschriftet sein. Auf Nummer sicher gehen Sie, wenn Sie Informationen wie die Sendungsnummer im Text der E-Mail angeben und auch in den Link „Meine Bestellung verfolgen“ integrieren.
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Step 6. Kund:innen Support & -bindung

Der Kund:innen Support ist ein entscheidender Faktor für die Bindung von Kund:innen und die Pflege langfristiger Beziehungen. Dazu gehören die Beantwortung von Anfragen, die Bearbeitung von Rücksendungen oder Umtäuschen, die Klärung von Problemen und die Sicherung der Kund:innenzufriedenheit.

Für Kund:innen mit Einschränkungen ist der Kund:innen Support besonders relevant. Sie sind häufig auf Unterstützung angewiesen, vor allem wenn Bereiche der Customer Experience nicht barrierefrei sind.

Für viele Kund:innen mit Behinderungen fungiert der Kund:innen Support als Sicherheitsnetz. Wenn alle Stricke reißen, können sie sich direkt ans Unternehmen wenden und um Unterstützung bitten. Ist der Support nicht barrierefrei, fehlt auch jegliche Möglichkeit zur Unterstützung. Um das zu verhindern, sollten Sie folgende Maßnahmen ergreifen:

  • Unterstützung auf mehreren Kanälen anbieten. Die Nutzung verschiedener Supportkanäle deckt die unterschiedlichen Bedürfnissen der Kund:innen ab. Mit Live-Chat, E-Mail und Telefonsupport ermöglichen Sie verschiedene Arten der Kommunikation.
  • Schulen Sie Ihre Support-Teams im Umgang mit Menschen mit Behinderungen. Es mag selbstverständlich klingen, aber Unternehmen müssen ihre Kundenserviceteams darin schulen, wie sie Kund:innen mit unterschiedlichen Behinderungen am besten unterstützen können. Dies hilft nicht nur den Support-Expert:innen dabei, einen guten Job zu machen, sondern schärft auch das allgemeine Bewusstsein für Accessibility und überzeugt Kund:innen mit Behinderungen davon, dass ihnen hier kompetent geholfen wird.
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Step 7. Wiederholungskäufe und Empfehlungen

Im Idealfall führt eine positive Customer Experience zu Wiederholungskäufen und zu Markentreue. Wenn Unternehmen eine enge Beziehung zu ihren Kund:innen pflegen und sich einen guten Ruf erarbeiten, können sie die Loyalität ihres Kund:innenstamms nutzen, um weiter zu wachsen.

Generell gelten für diese Phase der Customer Journey dieselben Accessibility Standards, die wir im Abschnitt Consideration im Hinblick auf Social Media Kanäle  beschrieben haben.

Zusätzlich sollten Sie noch diesen Tipp berücksichtigen:

  • Kundenbindungsprogramme. Wenn Sie Treue- oder anderen Belohnungsprogramme anbieten, sollten Sie überprüfen, ob Ihr Anmeldeprozess barrierefrei ist. Stellen Sie sich auch die Frage, ob Ihre Benefits für Menschen mit Behinderungen überhaupt relevant sind. Lassen Sie sich etwas einfallen, wenn es um Vergünstigungen oder exklusive Inhalte geht: Sie sollten unterschiedlichen Kund:innengruppen attraktiv und sinnvoll erscheinen. Dann helfen sie Ihnen, die Kund:innenbindung zu stärken und das Markenimage zu verbessern.

Noch ist es so, dass Menschen mit Behinderungen gegenüber denjenigen Marken und Unternehmen, die sie unterstützen, loyal agieren – allerdings aus purer Not. Accessibility wird langsam aber sicher zur Pflicht. Das bedeutet, dass Marken weitaus mehr leisten müssen, um sich die Loyalität ihrer Kund:innen zu bewahren.

Accessibility muss in der gesamten Customer Experience an erster Stelle stehen. Die Schonfrist läuft auch im E-Commerce ab. Für die Zukunft bedeutet dies: Unternehmen müssen innovieren, um den neuen Standards der Accessibility zu genügen, während sich Technologien und Customer Experiences stetig weiterentwickeln.

Nothing about us, without us, is for us.

Sheri Byrne-Haber, Autorin & Disability Aktivistin

Accessibility braucht die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen

Für alle Marken im E-Commerce und für alle anderen, die Zugänglichkeit an erste Stelle setzen, ist die Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderungen ein wichtiger Bestandteil des Entscheidungsprozesses auf dem Weg zur Accessibility.

In “Giving a Damn About Accessibility” zitiert die Autorin und Aktivistin Sheri Byrne-Haber einen Satz, der bei der Einführung des Americans with Disabilities Act sehr hilfreich war:

“Nothing about us, without us, is for us.”

Laut Byrne-Haber zeichne sich eine gute Accessibility dadurch aus, dass sie schlichtweg erfüllt wird. Großartige Accessibility hingegen definiere sich durch das Vorhandensein von Empathie. 

Es ist überaus wichtig, Menschen mit Behinderungen in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen: Um sich in Behinderungen einfühlen zu können, kommt es darauf an, diejenigen zu beteiligen, die direkt betroffen sind.

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Die Rolle von Crayola 64

Um herauszufinden, wie man E-Commerce Plattformen für Menschen mit Sehbehinderungen besser gestalten kann, hat unser Design-Team von BASIC/DEPT® Paula Katz interviewt, die im Alter von zwölf Jahren als Folge eines Gehirntumors über Nacht 98 Prozent ihrer Sehkraft verlor. 

Heute ist Katz in ihren Sechzigern und gilt seit fast fünfzig Jahren offiziell als blind. Sie weiß nur zu gut, wie unzugänglich viele Bereiche des Internets und der Technologie im Allgemeinen sind. 

„Je phänomenaler das Internet für sehende Menschen geworden ist, desto deutlicher verlieren Menschen, die nicht sehen können, den Anschluss“, sagte Katz gegenüber BASIC/DEPT®. „Wir müssen diese Lücke schließen.“

Katz bot unserem Team wertvolle Einblicke, die wir allein nicht hätten erhalten können, z. B. in die Beschränkung von Farbbeschreibungen auf die „Crayola 64“. Sie erklärte, dass es am besten sei, Alt-Text-Beschreibungen einfach zu halten. Farbbeschreibungen wie „Wüstenrose“ oder „Wilde Wassermelone“ mögen zwar hübsch klingen, seien für Menschen mit eingeschränkter Sehkraft aber bedeutungslos: „Rosa“ sei ebenso gut, wenn nicht sogar besser.

Barrierefreie Nutzer:innentests

Für unser Design-Team bei DEPT® waren Nutzertests ein wesentlicher Bestandteil der Gestaltung der Website für My Cerebral Palsy Guide, die vertrauenswürdige Informationen und hilfreiche Ressourcen über Cerebralparese und das Leben mit dieser Behinderung bereitstellt.

Das Team rekrutierte Menschen mit verschiedenen Schweregraden von Cerebralparese – von leicht bis komplex – als Testnutzer:innen. So ließ sich sehr schnell feststellen, welche Entwürfe barrierefrei waren und welche nicht.

Die Designer:innen entdeckten außerdem, dass Accessibility im Testprozess selbst ebenso wichtig ist wie für das Design des Produkts.

Das Team führte zum Beispiel A/B-Tests durch, weil sie ein gutes Instrument für ein ausgewogenes Ergebnis darstellen. Die Begrenzung der Antwortmöglichkeiten auf die zwei Optionen A oder B verhinderte, dass sich die Testnutzer:innen überfordert fühlten. 

Gleichzeitig bewies sich der Ansatz als sehr flexibel hinsichtlich der Entscheidung zwischen beiden Möglichkeiten. Für My CP Guide haben die Designer:innen sowohl eine moderierte als auch eine unmoderierte Testphase durchgeführt, für die jeweils unterschiedlich viele Anleitungen gegeben wurden.

Um Ihre Accessibility zu testen, sollten Sie folgende Überlegungen berücksichtigen:

  • Konsultieren Sie eine:n Berater:in oder Expert:in für Accessibility. Diese Fachleute können Designer:innen schulen und hilfreiche Fertigkeiten und Erfahrungen einbringen. So fühlt sich niemand während des Testprozesses unbeholfen oder verunsichert.
  • Erfragen Sie die Bedürfnisse der Tester:innen im Vorfeld. Finden Sie heraus, welche Kommunikationsformen für die Nutzer:innen am besten geeignet sind. Informieren Sie sich über Hilfsmittel und fragen Sie die Teilnehmer:innen, ob sie Hilfestellung bei der Durchführung der Tests wünschen oder nicht.
  • Zeitplanung. Nutzer:innen mit Einschränkungen benötigen möglicherweise mehr Zeit, um einen Test abzuschließen. Damit niemand unter Druck gerät oder sich mit der Durchführung eines Tests überfordert fühlt, ist es sinnvoll, etwas mehr Zeit als üblich für die Durchführung einzuplanen. Auch die Tageszeit ist wichtig: Für Nutzer:innen mit CP sind beispielsweise die Vormittage viel besser geeignet als die Nachmittage, an denen sie über weniger Energie verfügen.
  • Stellen Sie vorab Prototypen zur Verfügung. Bieten Sie den Nutzer:innen die Möglichkeit, das Produkt eigenständig und ohne den Druck einer Testumgebung auszuprobieren. Ermuntern Sie die Tester:innen zu einem ersten Feedback.
  • Bitten Sie andere Designer:innen um Feedback. Menschen ohne Behinderungen machen ihre eigenen Erfahrungen, die ihre individuellen Bedürfnisse prägen. Selbst wenn sich niemand in Ihrem Team direkt in die Erfahrungen von Menschen mit CP einfühlen kann, verfügen sie vielleicht über andere Erfahrungswerte, die ihnen dabei helfen, die Situation nachzuvollziehen.

Erwarten Sie nicht, dass der Testprozess (oder das Endprodukt) auf Anhieb 100%ig perfekt ist. 

In Sachen Accessibility existieren so viele verschiedene Bedürfnisse, dass es unmöglich sein dürfte, alle zu befriedigen. Tatsächlich kann eine Maßnahmen zur Accessibility für eine spezifische Bedürfnisgruppe auch im Widerspruch zu anderen Anforderungen stehen. Ein für Rollstuhlfahrer konzipiertes WC wird z. B. höher gebaut und könnte für Personen mit Kleinwuchs möglicherweise unbenutzbar sein. 

Es erfordert Zeit, sich der vielen verschiedenen Bedürfnisse bewusst zu werden und zu lernen, wie man Accessibility gezielt und sinnvoll umsetzt. Sogar hilfreiches Verständnis und Einfühlungsvermögen für das Thema zu entwickeln, ist zeitaufwendig.

Was wirklich hilft, ist praktische Erfahrung. Kat Holmes, Expertin für Accessibility und UX Design Director bei Google sagt: „Integratives Design muss man täglich praktizieren – wie Zähneputzen. Nur wer es regelmäßig tut, profitiert in vollem Umfang davon.“

Die Nutzer:innentests für My CP Guide haben die Herangehensweise unseres Teams an die Gestaltung verändert. Menschen, die mit CP leben, in den Gestaltungsprozess einzubeziehen, hat unseren Designer:innen eine neue Sichtweise eröffnet: Sie sind in die Haut eines anderen Menschen geschlüpft und konnten so ihr bisheriges Wissen hinterfragen.

„Die Erfahrung mit den Nutzer:innentests war für mich eine fantastische Möglichkeit, mich in die Situation einzufühlen und die Accessibility bei der Gestaltung in den Mittelpunkt zu stellen“, so Cloe Jakel, welche die Website mitgestaltet hat. „Ich glaube, ich bin dadurch grundsätzlich zu einer besseren Designerin geworden.“

Die Stärke des Internets liegt in seiner Universalität. Ein wesentlicher Aspekt dessen ist die Accessibility für alle, unabhängig von Behinderung.

Tim Berners-Lee, Creator des World Wide Web

Ein neuer und längst überfälliger Standard

Das Europäische Gesetz zur Accessibility wird in zwei Jahren in Kraft treten. Deshalb müssen E-Commerce Unternehmen dringend jetzt den Schwerpunkt auf das Thema digitale Accessibility legen und schnell mit der Evaluierung ihrer Websites und der Umsetzung erster Anpassungen beginnen.

Eine knappe Frist für eine längst überfällige Maßnahme: Die erste Fassung der WCAG wurde 1995 veröffentlicht, nur vier Jahre nach dem Start des Internets. Im Grunde genommen ist das Thema Accessibility schon fast so lange am Start wie das Internet selbst. 

Doch auch fast dreißig Jahre später sind 97 Prozent des Internets und 94 Prozent aller E-Commerce Websites nicht barrierefrei.

Wir hoffen, dass dieses Whitepaper Ihnen ein paar hilfreiche Tipps und Quellen bieten konnte. Uns ist bewusst, dass der Weg zur Accessibility ein mühseliger sein kann.

Mit einem Markt von über einer Milliarde Menschen und einer Kaufkraft von 8 Milliarden US-Dollar stellen Menschen mit Behinderungen einen mächtigen neuen Markt dar, der bisher sträflich vernachlässigt wurde. Wenn Accessibility zum Standard im E-Commerce wird, haben Marken das Potenzial, nicht nur ihre Reichweite und ihr Geschäft massiv auszuweiten, sondern auch seit langem bestehende Barrieren zu beseitigen und Inklusion zu fördern, die die Lebensqualität der Menschen verbessert.

Benötigen Sie Hilfe bei dem Design oder Entwicklung Ihrer nächsten barrierefreien E-Commerce Plattform? Kontaktieren Sie uns gerne.

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UX Design & Research Lead

Sabine von Nordheim