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So erstellen Sie die Roadmap für Ihre digitale Transformation

Mellissa Flowerdew-Clarke
Mellissa Flowerdew-Clarke
VP of Marketing, EMEA
Länge
10 Min. Lesezeit
Datum
1 April 2021


Die digitale Transformation ist ein fortlaufender Prozess, eine Langzeitvision für die Zukunft Ihres Unternehmens. Bei jedem Projekt, das sich über Monate oder gar Jahre erstreckt, ist Koordination das oberste Gebot. Effektive Arbeit beginnt damit, dass das gesamte Unternehmen an einem Strang zieht. Indem alle Abteilungen aufeinander abgestimmt bleiben, unterstützen sie weiterhin das übergeordnete Ziel und halten sich an das Skript, anstatt auf der Suche nach kurzfristigen Lösungen zu improvisieren. Aus diesem Grund ist eine digitale Roadmap für die digitale Zukunft Ihres Unternehmens unerlässlich.

Das soll nicht heißen, dass diese digitale Roadmap in Stein gemeißelt ist. Technologie unterliegt einem steten und schnellen Wandel. Dementsprechend kann kein Langzeitplan vollständig vorhersehen, welche Entwicklungen in einem, zwei oder gar fünf Jahren verfügbar sein werden. Vielmehr ist die digitale Roadmap eine Art Fixstern, ein Bezugspunkt, an dem sich jeder im Unternehmen orientieren kann.

Der erste Schritt: die Unternehmensausrichtung

Jede Organisation ist einzigartig. Die Gesamtziele mögen für einzelne Unternehmen innerhalb einer Branche vergleichbar sein, aber in Bezug auf Struktur, Routine und Prozess gibt es in der Regel große Unterschiede. Um herauszufinden, wie Ihr Business “tickt” und warum es bisher erfolgreich war, müssen Sie zunächst die passenden Fragen stellen. Im Kern geht es darum, die Zusammenhänge Ihrer Geschäftsstrategie zu verstehen, um Ihre Geschäftsziele in eine digitale Roadmap zu übertragen.

Versammeln Sie die Abteilungsleiter:innen aus allen Unternehmensbereichen und erarbeiten Sie gemeinsam die wichtigsten Ziele, die das Unternehmen in den nächsten fünf Jahren erreichen möchte. Indem Sie die Meinung jeder Abteilung im Unternehmen einholen, können Sie sich auf unternehmensweite Ziele wie beispielsweise die Senkung der Overhead-Kosten und abteilungsspezifische Maßnahmen wie die Verbesserung des logistischen Trackings über die gesamte Lieferkette hinweg konzentrieren.

Berücksichtigen Sie bei der Zusammenstellung Ihrer Kernziele, wie jedes Ziel gemessen und quantitativ erfasst werden kann. Anhand welcher KPIs lässt sich der Erfolg der Maßnahmen nachweisen? Bei Zielen, die sich auf die Finanzen konzentrieren, ist dies so einfach wie das Nachvollziehen von Veränderungen in der Bilanz. In anderen Bereichen kann es komplizierter sein, insbesondere wenn das Ziel allgemein gehalten ist. Wenn das Unternehmen z. B. eine Umsatzsteigerung anstrebt, bedeutet dann Erfolg, dass eine größere Menge an Produkten verkauft wird oder mehr Produkte mit einem höheren Wert? Die Lösung muss klar definiert sein. Beginnen Sie mit den allgemeinen Zielen. Hören Sie zu und versuchen Sie, alle Ansichten der Abteilungsleiter:innen zu verstehen. Bei der Diskussion über die Art und Weise, wie jedes Ziel gemessen werden kann, setzen Sie sich zwangsläufig damit auseinander, was genau Sie gemeinsam erreichen wollen.

Wenn sich die Firma auf die Unternehmensziele geeinigt hat, überlegen Sie sich den Zeitrahmen, in dem diese Ziele erreicht werden sollen. Manche werden mehr Zeit in Anspruch nehmen, andere werden innerhalb weniger Monate umgesetzt werden können. Es gibt Ziele, die erst angegangen werden können, wenn andere bereits erreicht sind; andere werden der Ausgangspunkt für zukünftige Ideen und Innovationen sein und den Weg für neue Möglichkeiten ebnen.

Sie müssen nicht schon zu Beginn alle Antworten kennen. Vielleicht wissen Sie, dass Sie “die Datenerfassung im gesamten Unternehmen verbessern wollen”, aber sie haben noch keine passende Lösung dafür gefunden. Solange das Ziel auf der Roadmap steht, kann es bei der Planung der Architektur Ihres digitalen Ökosystems berücksichtigt und letztendlich auch erreicht werden.

Starten Sie unvoreingenommen

In der Planungsphase Ihrer Business-Kernziele für die kommenden Monate und Jahre ist es wichtig, aufgeschlossen zu sein. Haben Sie bereits eine bestimmte Lösung oder ein spezifisches System im Hinterkopf, wird dies Ihren Blick auf den Ansatz trüben; Sie wären voreingenommen, was den Weg zu einer besseren Lösung verstellen könnte. Nur weil Sie beispielsweise in der Vergangenheit eine bestimmte Plattform benutzt haben und diese mochten, bedeutet das noch lange nicht, dass sie auch für die Zukunft des Unternehmens die richtige ist.  

So könnte ein:e Hersteller:in zum Beispiel eine Blockchain-Technologie implementieren, um jeden bestellten Artikel über die gesamte Lieferkette zu verfolgen, da er/sie Bedenken wegen fehlender Bestände hat. Die Blockchain-Technologie mag nützlich sein, aber sie löst möglicherweise nicht das wirkliche Problem des fehlenden Bestands bei Bestellungen. Viel wichtiger könnte in diesem Fall die RFID-Etikettierung sein, doch die Mittel würden auf die weniger praktikable Blockchain-Implementierung verwendet. Die Konzentration auf Blockchain statt auf die Lösung des Problems hätte folgende Konsequenzen: dem Unternehmen würde die Bedeutung der Einführung eines automatisierten Arbeitsablaufs entgehen, der alle Beteiligten auf jeder Stufe der Lieferkette auf dem Laufenden hält.

3 zentrale Hinweise vorab

Konzentrieren Sie sich in der Anfangsphase auf drei Aspekte, wenn Sie den digitalen Bedarf Ihrer Organisation bewerten: Mitarbeiter, Prozesse und den aktuellen Tech-Stack.

Mitarbeitende

Ihre firmeninternen digitalen Kompetenzen und die Expertise Ihrer Mitarbeitenden sind entscheidend für den Erfolg, mit dem Ihr Unternehmen seine Technologien einsetzt. Schulungen, Tools und Empowerment sind ausschlaggebend für die Steigerung Ihrer digitalen Durchsetzungskraft.

Prozesse

Nach dem Gesetz von Conway folgen Systeme der Prozessorganisation. Deshalb arbeitet eine Personalabteilung in der Regel mit einem HR-System und der Kundenservice mit einem spezifischen Kundenservicesystem. Durch die Erfassung Ihrer internen Prozesse und Unternehmensführung erhalten Sie einen klaren Überblick darüber, wie verschiedene Technologien innerhalb Ihres Unternehmens eingesetzt werden. Der langfristige Erfolg einer Tech-Implementierung hängt davon ab, wie gut sich diese Technologie in Ihr Unternehmen und Ihre Prozesse einfügt.

Plattform

Ihr aktueller Technologie-Stack besteht aus Ihrer digitalen Infrastruktur und Ihren Tools. Basieren alle Anwendungen innerhalb der Organisation auf Java-Technologie? Oder basieren sie im Gegenteil auf .Net? Bestimmte Plattformen, wie beispielsweise Content-Management-Systeme, erfordern eine einheitliche Technologie. Wenn die Nutzung von Cloud-Diensten im gesamten Unternehmen vorherrscht, dürfte die Bereitstellung Ihrer Technologieplattformen in der Cloud die erste Wahl sein. Eine vollständige Erfassung Ihrer Technologien kann auch interessante Erkenntnisse bringen, z. B. die Identifizierung einer Schatten-IT oder die Erkenntnis, dass verschiedene Abteilungen über unterschiedliche Konten die gleichen Cloud-Dienste nutzen.

Erlauben Sie sich eine “technologie-agnostische” Herangehensweise: Befragen Sie jeden potenziellen Technologieanbieter und Implementierungspartner unvoreingenommen und prüfen Sie, inwiefern ihre jeweiligen Stärken und Schwächen zu den Anforderungen Ihres Unternehmens passen. Analysten wie Forrester und Gartner liefern regelmäßig Berichte über verschiedene Technologien, verfolgen die Entwicklungen auf dem Markt und listen die Vor- und Nachteile auf.

Zusammenarbeit zu jeder Zeit

Die Erstellung einer digitalen Roadmap beginnt damit, die Beteiligten im gesamten Unternehmen zusammenzubringen und ihre Bedürfnisse zu erkennen. Zu keiner Zeit sollte dieser gemeinschaftliche Input verloren gehen. Dies gilt auch für die Zusammenarbeit mit externen Partnern und Plattformanbietern. Zusammenarbeit ist eine Konstante und der Schlüssel zum Erfolg Ihrer digitalen Transformation.

Jede Abteilung muss die neue Technologie, die gerade aufgebaut wird, und in die neuen Prozesse und Arbeitsabläufe, die sie bringen wird, mittragen. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist viel höher, wenn die betreffenden Teams bereits in den Entscheidungsprozess eingebunden sind. Wenn sie sehen können, wie die Änderungen im Laufe der Zeit umgesetzt werden, und wenn sie das Gefühl haben, dass ihr Input geschätzt und berücksichtigt wird.  

Kontinuierlicher Input führt zudem zu einem Technologie-Stack, der wesentlich besser auf die Bedürfnisse der Teams abgestimmt ist. Ein erstes Briefing ist ein Ausgangspunkt; laufende Beratungen und Tests geben dem Unternehmen die Möglichkeit zur Feinabstimmung der neuen Optionen.

Bei der Zusammenarbeit mit externen Partnern macht es für ein Projekt einen gewaltigen Unterschied, ob die Chemie stimmt. Die digitale Roadmap zielt darauf ab, die Unternehmensabläufe über einen längeren Zeitraum zu verändern – das ist eine große Aufgabe. Ein passender Partner muss die betrieblichen Herausforderungen nachvollziehen können. Er muss in der Lage sein, ein Projekt dieser Größe zu managen, und ein hohes Maß an Sorgfalt und Engagement an den Tag legen, um das Projekt zum Erfolg zu führen. Diese Balance zu finden, ist schwierig. Umso wichtiger ist es, langfristig mit Anbieter:innen zusammenzuarbeiten, die Ihre übergreifenden Geschäftsziele vollständig verstehen.

Erstellung einer agilen Roadmap

Innovation wird es immer geben. Der stetige und schnelle immanente Wandel macht einen agilen Ansatz bei der Planung unabdingbar. Anstatt Jahre damit zu verbringen, einen Tech-Stack zu perfektionieren, der zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung bereits veraltet ist, sollten Unternehmen lieber klein anfangen und skalieren, wenn sich der Testcase als erfolgreich erweist.

Im Bereich des B2B-Handels hat Brenntag zum Beispiel DigiB gegründet, ein digitales Innovationszentrum, das die laufende Implementierung neuer Technologien im gesamten Chemiedistributionsnetzwerk steuert. Der Leitgedanke von DigiB ist es, Projekte live zu bringen und aus dem zu lernen, was funktioniert. Dieser “Crawl, Walk, Run”-Ansatz bedeutet, dass das Unternehmen wichtige Umsatzquellen aufrechterhalten und zeitgleich an der nächsten Veränderung arbeiten kann.

Wie bereits erwähnt, ist die Roadmap ein Leitfaden, kein festes Regelwerk. Eine gute Roadmap berücksichtigt bevorstehende Innovationen und zielt darauf ab, eine Vorreiterrolle zu übernehmen, wenn eine branchenverändernde Technologie auf den Markt kommt. Die Zusammenarbeit mit Technologiepartnern bei der Erstellung der Roadmap kann einen Einblick in bevorstehende und geplante Veröffentlichungen geben, die das Unternehmen kennen sollte. Auch hier gilt: Testen und Skalieren – überlegen Sie, welcher Bereich des Unternehmens die Innovation oder das neue Feature nutzen kann, und fungieren Sie als Proof of Concept.

Benutzerfreundlichkeit und Zugänglichkeit

Der beste Tech-Stack auf dem Markt nützt nichts, wenn das Team nicht weiß, wie es seine Kapazitäten für sich nutzen kann. Wenn Sie die fortschreitende Implementierung digitaler Lösungen anstreben, planen Sie das erforderliche Training und wie es durch jederzeit zugängliche Informationen unterstützt werden kann.

Einige Features werden schnell adaptiert werden, da sie Anwendungen ähneln, die bereits bekannt sind, wie z.B. digitale Kommunikationstools. Andere Umstellungen werden länger dauern, insbesondere fortgeschrittene Software und relativ neue Entwicklungen wie Machine Learning. Die Roadmap sollte deshalb genug Zeit für Fortbildung einkalkulieren. Auch für das Datenerfassungssystem, das zur Erfolgskontrolle der einzelnen neuen Funktionen eingerichtet wird, muss genug Zeit eingeplant werden.

Neue Technologien können neue interne Prozesse auslösen. Diese zu überprüfen und zu integrieren ist ebenso wichtig, wie die Nutzung der neuen Technologie voranzutreiben. Auch hier geht es um Schulung, Wissensaustausch und die Förderung des Verständnisses dafür, was sich ändert und warum. 

Kontinuierliche Optimierung

Digitale Transformation geschieht nicht auf Knopfdruck. Sie ist ein Prozess. Die Implementierung einer digitalen Roadmap könnte eine Veränderung der Unternehmenskultur bedeuten und den Wunsch nach kontinuierlicher Optimierung wecken. Die Neuausrichtung findet schrittweise statt, und das Unternehmen wird bei jedem abgeschlossenen Schritt der Roadmap den Effekt spüren. 

Feiern Sie Erfolge, aber verlieren Sie nie das laufende Ziel der digitalen Transformation aus den Augen. Bauen Sie weiter. Skalieren Sie weiter. Verbessern Sie sich stetig.

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