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B2B neu gedacht: Wie man in der Krise mit Lieferant:innen interagiert

Tim Schröder
Tim Schröder
Commercial Director
Länge
9 Min. Lesezeit
Datum
1 April 2021


In der B2B-Welt waren persönliche Meetings zwischen Käufer:innen und Lieferant:innen schon immer von zentraler Bedeutung – vor allem für den Aufbau einer langfristigen Beziehung. Beide Parteien profitieren von dem direkten Kontakt und davon, dass sich Fragen und potentielle Probleme auf diese Weise leicht klären lassen. Die COVID-19 Pandemie hat über Monate hinweg persönliche Treffen unmöglich gemacht, weshalb Einkäufer:innen nach einer guten digitalen Lösung suchen mussten.

Da die Produktion in den Fabriken zum Teil still steht, wurden auch die globalen Supply Chains partiell unterbrochen, sodass Einkäufer:innen neue Lieferant:innen finden müssen. Potentielle Käufer:innen stehen vor der großen Herausforderung, bei eingeschränkter Produktion oder Sperrmaßnahmen, schnell Lösungen zu finden, um weiter wettbewerbsfähig zu sein.

Unterbrechungen der Lieferketten und fehlender persönlicher Kontakt sorgen dafür, dass der produzierende Sektor alternative Maßnahmen finden muss.

McKinseys jüngste Umfrage “Global B2B decision maker response to COVID-19 crisis” zeigt auf, worauf B2B-Entscheider:innen bei der Suche nach Lieferant:innen achten und bewertet parallel die Bedeutung verschiedener digitaler Features, für einen veränderten Weltmarkt. Mit Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Deutschland, China, Indien, Südkorea, Brasilien und den USA im Fokus, stellte sich im Zuge der Studie heraus, dass auf breiter Front die Nachfrage nach digitalen Self-Serve-Optionen steigt. Einkäufer:innen können so aktiv und eigenständig nach alternativen Lösungen suchen.

Onsite suchen ist das Gebot der Stunde

Die Onsite-Suche war unter allen Teilnehmenden der Umfrage die Top-Antwort, wenn es um die Fragen ging: “Welche Möglichkeiten der Interaktion wären für Sie am vorteilhaftesten, wenn es um die Suche nach Lieferant:innen geht? Kann ein:e Einkäufer:in die Website des Unternehmens aufrufen, nach dem verlangten Produkt suchen oder leicht weitere Informationen finden und seine Bestellung bearbeiten?”

Betrachtet man die Customer Journey, ist das einer der wichtigsten Aspekte. Die Onsite-Suche hat oberste Priorität: Sie ist die Garantie, dass Unternehmen gewünschte Produkte liefern können. Nach den allerersten Touchpoints: ob E-Mail, Direktwerbung oder eine selbst initiierte Google-Suche, ist die Website der wichtigste Referenzpunkt, um potentielle Fragen der Kund:innen zu beantworten.

Grund genug, um für Hersteller:innen und Lieferant:innen sicherzustellen, dass die Onsite-Suche Produkt- und Informationsseiten mit relevanten Informationen bietet und immer auf dem neuesten Stand ist. Viele CMS- oder Handelsplattformen bieten bereits eine einfache Suchfunktion, die schnell implementiert werden kann. Die Optimierung dieser Inhalte für die Suche erfordert jedoch oft etwas mehr Arbeit.

Aus UX-Perspektive ist eine sofort sichtbare und gut definierte Suchleiste unumgänglich. Nur so können Kund:innen Produkte und Informationen ohne Umwege finden – was zu weniger Klicks und einem geringeren Zeitaufwand bei der Suche führt. Eine gut durchdachte Suchfunktion verbessert das Finden relevanter Produkte und ermöglicht es den User:innen, ihre Suche auf Kategorie, Preis, Produktoptionen und benutzerdefinierte Felder, zu filtern. So wird die User Experience deutlich verbessert, denn die User:innen können schnell und einfach finden, was sie suchen.

Eine optimierte Suchfunktion hat auch den Vorteil, dass man erfährt, was User wirklich suchen und welche Hürden ihrem Kauf im Weg stehen. Diese Informationen sind Gold wert, denn sie zeigen den aktuellen Bedarf und potentielle Möglichkeiten auf. Wenn etwa ein Produkt mit relativ niedrigem Preis ein hohes Suchvolumen hat, bietet es sich an, dieses Produkt in den Vordergrund zu rücken, um mehr Relevanz in der Suche zu erzielen, den Traffic zu erhöhen und schließlich mehr Umsatz zu generieren.

Ein Blick in die Suchstatistik zeigt Unternehmen auch sich anbahnende Trends in der Nachfrage oder allgemeine Schwierigkeiten auf. Trotzdem bleibt es auch in Zukunft wichtig, mit Kund:innen persönlich zu sprechen – aber beides schließt sich nicht aus. In Anbetracht der unmittelbaren Zukunft ist eine Optimierung der Onsite-Suche jedoch eine gute weitere Option. Davon abgesehen sind die gewonnenen Daten auch für die Sales-Teams wertvoll. Denn die gemeinsamen Herausforderungen der Branche sind eine relevante Gesprächsgrundlage, um den Retail wieder anzukurbeln. Die Erkenntnisse aus der Onsite-Suche sind ebenfalls nützlich, um Inhalte auf der Website zu optimieren und Marketing-Kampagnen erfolgreicher auszurichten. Außerdem zeigen die Daten, was auf der aktuellen Website fehlt.

Dass potentielle Kund:innen die Bedeutung der Onsite-Suche so hoch einschätzen, zeigt, dass zwei Punkte nicht vernachlässigt werden dürfen: der Such- und Kaufprozess ist digital-first und Self-Service ist ein Muss. Die Tendenz geht zu On-Demand-Informationen, die es Usern ermöglichen, in ihrem eigenen Tempo zu recherchieren. Auch die zweite Präferenz – Live-Chat – untermauert dies. Statt geplanter Telefongespräche oder E-Mail-Konversationen, entscheiden sich Käufer:innen bevorzugt für eine On-Demand-Option, die es ihnen ermöglicht, mit potentiellen Anbietern in Kontakt zu treten, wenn es in ihren Zeitplan passt.

Uplift der Customer Experience dank Live-Chat & Chatbots

Das optimale Live-Chat-System kombiniert automatisierte, mit Personal besetzte, Lösungen. Wie eine Kundenservice-Hotline, beginnen auch Live-Chat-Gespräche in der Regel mit einer  automatisierten Begrüßung, die den Besucher zum entsprechenden Kollegen weiterleitet. Einige Entscheidungen werden dabei im Hintergrund getroffen, z. B. weiß man auf welcher Unterseite sich der User:innen befindet und welcher Berater sich entsprechend am besten für den Live-Chat eignet.

Der unternehmerische Zusatznutzen von Onsite-Live-Chat oder Chatbot-Funktionen, besteht im optimierten Kundenservice. Durch automatisierte Antworten kann der Chatbot Kund:innen außerdem helfen, eine schnelle Lösung zu finden, ohne die Telefonleitungen zu belasten.

Betrachtet man die europäischen Länder in der Studie, zeigt sich eine leichte Vorliebe für Interaktionen, die von Vertriebsmitarbeitenden geführt werden – was zeigt, dass auch im zunehmend digitalen Markt der persönliche Kontakt nicht unterschätzt werden sollte. In Deutschland, Spanien, Italien und dem Vereinigten Königreich werden persönliche Treffen immer noch unter den Top Drei der bevorzugten Interaktionen mit Lieferant:innen genannt – eine große Herausforderung während der Sperrzeit.

Der Ersatz für menschliche Interaktion während des Lockdowns: Videoanrufe. Was dabei leider oft ignoriert wird, ist, dass keiner weiß, dass diese Möglichkeit besteht. Während es allgemein üblich ist, dass Käufer:innen ihre Lieferant:innen einfach über eine auf der Website angegebene Nummer anrufen, verhält sich dies bei Videocalls anders. Hier müssen Unternehmen onsite deutlich machen, dass ihre Vertriebsmitarbeitenden für Videoanrufe offen sind, falls Käufer:innen ein Face-to-Face-Gespräch führen möchten.

Die Tatsache, dass Videocalls eine Option sind, sollten Unternehmen auf allen Kanälen kommunizieren. Von der Website über Pressemitteilungen bis hin zu Marketing Kampagnen. Proaktiv können Video-Beratungssitzungen auf einer Eins-zu-Eins-Basis organisiert werden. Auch Gated-Livestreams, die den Zuschauer:innen, die sich anmelden, zur Verfügung stehen, können organisiert und kommuniziert werden. So nehmen bestehende und potentielle Kund:innen, die an persönlichen Gesprächen interessiert sind, wahr, dass Unternehmen Videokonferenzen anbieten. Für Vertriebsmitarbeitende, die von zu Hause aus arbeiten, ist es von höchster Priorität, das CRM-System mit den Informationen aus diesen Videokonferenzen auf dem neuesten Stand zu halten.

Für die Asien-Pazifik-Region, Brasilien und die USA sind digitale Self-Serve-Optionen die vorrangigen Touchpoints für Käufer:innen: wie etwa Apps, Websites oder soziale Medien. Dass diese Regionen rein digitale Self-Serve-Optionen bevorzugen, können Lieferant:innen und Hersteller:innen in Europa, die international operieren, ebenfalls sinnvoll einsetzen.

Erhöhte Agilität durch Headless-Systeme

Für alle Unternehmen, die international agieren, wird das ohnehin schon komplexe Lokalisierungsmanagement angesichts der unterschiedlichen COVID-19-Beschränkungen in den operativen Märkten derzeit noch verschärft. Um lokal relevante Nachrichten, Inhalte und Microsites immer auf dem aktuellen Stand zu halten, sollten sie einen Umstieg auf eine technische Architektur mit einem Headless-System für Ihr Content-Management in Betracht ziehen.

Ein reguläres CMS verbindet das Front-End (den Vertriebskanal, mit dem ein:e Kund:in interagiert) mit dem Back-End (der operativen Seite, die Zahlungen und Daten verarbeitet und den Kanal am Laufen hält). Bei diesem Aufbau müssen Änderungen am Front-End im Back-End reflektiert werden. Dies bedeutet einen beträchtlichen Arbeitsaufwand, wenn ein Unternehmen mehrere Websites, eine App oder mobile-spezifische Sites betreibt, da alle Aktualisierungen für jeden Vertriebskanal wiederholt werden müssen. Ein Headless-CMS verbindet ein einziges Front-End mit einem einzigen Back-End. Dies bedeutet, dass Bearbeitungen am Front-End vorgenommen werden können, ohne dass eine ständige Aktualisierung des Back-Ends erforderlich wird. Die Einführung neuer Websites oder die Erstellung einer Anwendung für diese neuen Märkte ist mit einer Headless-Architektur ein wesentlich agilerer Prozess.

Dies ist eine Verschiebung, die zwar nicht durch die Corona-Krise verursacht wurde, aber durchaus durch sie beschleunigt wird. Der Drift hin zu digitalen und Self-Serve-Optionen im B2B-Bereich ist Teil einer branchenweiten Bewegung hin zu Online- und On-Demand-Optionen, die in den letzten Jahren sowieso an Dynamik gewonnen hat. Die Neuausrichtung der Betriebsabläufe auf mehr Digitalität gewährleistet Relevanz während der Pandemie und bietet auch eine große Chance für Unternehmen, an der Spitze zu bleiben – gerade was Käufer- und Lieferantenbeziehungen betrifft.

Alle Anpassungen, die Unternehmen jetzt angehen, wirken sich auch auf die langfristige Strategie aus. Eine Veränderung, die zu einer umfassenderen digitalen Transformation führen kann und sollte. Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, um Ihre digitale Roadmap zu überprüfen und Digitalisierungspläne zu beschleunigen. Das wird sich auch in einer Phase der Erholung auszahlen.

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