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Attributionsmodelle: welches Modell ist das Richtige?

Tobias Kräft
Tobias Kräft
Head of Data & Intelligence
Länge
6 Min. Lesezeit
Datum
1 April 2021

Die Zeiten, in denen Marketing gar nicht oder nur sehr schwer messbar war, sind längst vorbei. Mittels Technik und Analysetools lassen sich Erfolg und Misserfolg der Aktionen diverser Marketing-Kanäle messbar machen und auswerten. Unternehmen, die mehrere Kanäle nutzen, greifen auf Attributionsmodelle zurück, um das Nutzerverhalten der Offline- und Online-Kund:innen abzubilden. Welche Attributionsmodelle es gibt, warum das beliebte Last-Click-Modell nicht immer die beste Lösung ist und wie Sie ein geeignetes Modell finden, erfahren Sie hier.

Eine beispielhafte Customer Journey

Die Phasen „Awareness“ oder auch Aufmerksamkeit, „Interest“ als Interesse, „Consideration“ bzw. „Desire“ übersetzt mit Wunsch/Verlangen und „Purchase“, also Kauf bzw. Aktion, basieren auf der bekannten Marketing-Formel A (Attention) – I (Interest) – D (Desire) – A (Action), kurz AIDA genannt. Im heutigen Zeitalter werden diese Phasen um zwei weitere erweitert: „Retention“ als Datenspeicherung sowie „Advocacy“ als Verteidigung bzw. Bewertung.

Zur Veranschaulichung, was die einzelnen Phasen beinhalten, folgt ein Beispiel:

Ein potentielle:r Kund:in sieht auf der Straße ein Werbeplakat mit einer Sonnenbrille – Phase Aufmerksamkeit.
Er/Sie findet die Brille auf dem Plakat ansprechend und recherchiert aus Interesse ein wenig im Internet – Phase Interesse.
Über eine SEA-Anzeige wird er/sie direkt auf die Homepage geleitet und informiert sich über Eigenschaften und den Preis – Phase Desire/Verlangen.
Am nächsten Tag wird er/sie beim Surfen durch einen Display Banner nochmal an das Produkt erinnert. Wenig später sucht er/sie erneut nach der Sonnenbrille. Eine Google Shopping Anzeige für eine Händlerseite mit günstigem Angebot erscheint, er/sie klickt auf diese Anzeige und landet wieder im Shop des Händlers – erneute Phase Desire/Verlangen.
Der/die Nutzer:in kauft schließlich die Sonnenbrille auf der Händlerseite – Phase Aktion.
Über diese nun erworbene Sonnenbrille gibt er/sie später auf der Händlerseite und beispielweise auch in einem Forum eine Bewertung ab – Phase Retention + Advocacy.
Die Frage ist nun, welche Kanäle zum Kauf beigetragen haben und inwiefern die Kaufsumme nun als Erfolg den einzelnen Kanälen zugerechnet werden kann.

Hierbei unterstützt die Nutzung von attribuierten Daten. Übersetzt bedeutet attribuiert „zuschreiben“. Im übertragenen Sinne wird demnach betroffenen Berührungspunkten in der Customer Journey bzw. Werbemaßnahmen ein Teil der Conversions und der dazugehörige Umsatz „zugeschrieben“. Je mehr Berührungspunkte, umso geringer wird der Teil vom „Kuchen“ bzw. Umsatz.

Attribuierte Daten sind insbesondere im Online Marketing relevant. Mit ihrer Hilfe können die unterschiedlichen Marketing-Kanäle hinsichtlich ihrer Relevanz gewichtet werden. Darauf basierend werden Strategieentscheidungen festgelegt. Dies wirkt sich dann wiederum auf das operative Tagesgeschäft aus. Dies kann bespielweise die Festlegung des Marketingbudgets der einzelnen Marketing-Kanäle oder gar einzelner Werbemaßnahmen innerhalb eines Kanals sein.

Wie die am Kauf betroffenen Marketing-Kanäle gewichtet werden, wird flexibel an interne und externe Gegebenheiten angepasst. Je nach Bedarf können Unternehmen außerdem auf vorgefertigte oder eigene Attributionsmodelle zurückgreifen. Einige Modelle und wann sie jeweils geeignet sind, stellen wir Ihnen im Folgenden kurz vor.

Die Grafik zeigt ein Beispiel für eine Customer Journey, auch Kundenzyklus genannt, mit den unterschiedlichen Berührungspunkten während eines Kaufprozesses in der On- und Offline-Welt.

Die Attributionsmodelle

Das First-Click-Modell

  • Fokus auf Erstkontakt.
  • Nutzung: Produkt-Launch sowie Generierung von mehr Aufmerksamkeit (z. B. für Marke, Produkt).
  • Aber: Berührungspunkte, die zeitlich gesehen, dichter an der Conversion liegen, bleiben irrelevant.

Das lineare Modell

  • Fokus: Conversion und Revenue werden für alle Berührungspunkte im Conversion-Funnel gleichermaßen bewertet.
  • Nutzbar: Vereinfachter Einstieg bei erstmaliger Nutzung von Attributionsmodellen aufgrund der gleichmäßigen Verteilung der Werbemaßnahmen in der Attribution.
  • Aber: Kein Fokus auf einen Marketing-Kanal oder einen Punkt in der Customer Journey, ungeachtet dessen, ob ein Kanal zu einem Zeitpunkt stärker beworben wird.

Das First-Click-Modell

  • Fokus auf den letzten Kontakt.
  • Nutzbar: dient als Datengrundlage für eine gängige Vielzahl von Web-Analyse-Tools.
  • Aber: Berührungspunkte, die zeitlich weit vor der Conversion stattfanden, werden größtenteils außer Acht gelassen

Das positionsabhängige Modell

  • Fokus variiert auf den stärksten Kanal.
  • Nutzung: sehr gezielte Abbildung über die Verteilung der jeweiligen Werbemaßnahmen innerhalb der Customer Journey.
  • Aber: Analyse und Umsetzung erfordern viel Fachwissen über alle Kanäle hinweg sowie analytisches Verständnis, erheblicher zeitlicher Aufwand ist zu erwarten

Warum nicht einfach das Last-Click-Modell?

Das Modell des Last-Click-Verfahrens wurde in der Vergangenheit als besonders erfolgreich erachtet und dementsprechend häufig eingesetzt. Die Argumentation basierte dabei jeweils auf der Annahme, dass der/die Nutzer:in erst durch den letzten Werbemittelkontakt/“Last-Click“ überzeugt wurde und dieser demnach die Conversion ausgelöst hat. Die Nähe zur Conversion ist hier zeitlich gesehen am dichtesten und wird positiver bewertet.

Dabei bleiben jedoch alle anderen Berührungspunkte der zeitlich vorangegangenen Werbemaßnahmen gänzlich unberücksichtigt. Dies ist kritisch zu betrachten, da beispielweise ein Kauf nicht zwangsweise auf dem unmittelbar davor liegenden Stillen eines Bedürfnisses beruhen muss, sondern auch initial geweckt werden kann.

Wie in dem eingangs erklärten Beispiel mit der Sonnenbrille hätte der/die Nutzer:in vielleicht ohne das Plakat und die ausgiebige Internetrecherche keine Sonnenbrille gekauft. Demnach haben auch die anderen Werbemaßnahmen in der Customer Journey einen gewichteten Anteil am Umsatz der gekauften Sonnenbrille. Nach dem „Last-Click-Modell“ würde die Conversion – und demzufolge auch der Umsatz – hingegen zu 100% der Google-Shopping-Kampagne zugeordnet werden.

Gerade bei beratungsintensiven Produkten oder Produkten, die eine längere Bedenkzeit kundenseitig benötigen, findet in der Regel eine deutlich höhere Anzahl an Berührungspunkten statt. Und jeder dieser Berührungspunkte hat dann seinen Beitrag zum Erfolg/zur Conversion beigetragen und sollte im Attributionsmodell beachtet werden.

Für die Identifikation eines Attributionsmodells unterstützt Google Analytics bei Analysen und kann die Daten für die jeweiligen Modelle vergleichen.

Fazit & Best Practice

Die Frage, ob es sich für Unternehmen lohnt, ein Attributionsmodells zu nutzen, sollte eindeutig mit JA beantwortet werden. Welches Modell hingegen das richtige ist, ist individuell bestimmbar. Für die Identifizierung eines geeigneten Modells empfiehlt es sich, folgende Checkliste durchzugehen:

  • Herausforderung angehen: Wahl eines geeigneten Attributionsmodells.
  • Einheitliches Tracking implementieren.
  • Zuordnung von Nutzer:innen aus Offline-Kampagnen.
  • Kundenanalysen durchführen und Nutzerverhalten bestimmen.
  • Wertung der unterschiedlichen Kontakte (Bezug auf Impressions vs. Klick, Zeitpunkt usw.).
  • Testläufe mit unterschiedlichen Modellen und Gewichtungen.
  • Regelmäßige Überprüfung, ob gewähltes Modell noch aktuell ist.

Anfangs empfiehlt es sich, ein bestehendes Modell zu testen. Wenn genügend Daten zum Auswerten gesammelt wurden, können auch eigene Gewichtungen mit subjektiven Faktoren optimaler für die Unternehmensstrategie gewählt werden.

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