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Wie Sie das Marketingpotenzial von eSports effektiv nutzen

Wolf Mocikat-Wein
Wolf Mocikat-Wein
Programmatic Consultant
Länge
8 Min. Lesezeit
Datum
7 September 2021

Die Welt für einen Moment anhalten und stattdessen in ein anderes Universum eintauchen – wünscht sich das nicht jeder manchmal?  Für viele Menschen erfüllen Videospiele eben diese Funktion. Sie sind allumfassend, komplex und machen Spass – sowohl als Beschäftigung beim Spielen oder zum Zuschauen. Obwohl eSports heute regelmässig Stadien füllt und Millionen von Zuschauern erreicht, werden diese Welt und deren demografische Entwicklung häufig nicht stark genug wahrgenommen. Es ist an der Zeit diesem Segment seine verdiente Aufmerksamkeit zu schenken, denn das Phänomen des eSports, also das kompetitive Spielen von Videospielen, bietet jetzt schon immense Marketingmöglichkeiten für Brands. Tendenz: steigend.

Um diese Marketingmöglichkeiten zu realisieren sollte man erstmal die Kultur rund um eSports, Gaming und Streaming verstehen.  Diese Zielgruppe bewegt sich fernab der ausgetretenen Marketingwege, die man üblicherweise geht. Scheinbar unempfänglich für klassische Werbung, schaut diese Zielgruppe kein klassisches Fernseher und hat nicht selten Werbeblocker installiert.

Was ist eSports?

eSports (oder: elektronischer Sport) steht für das wettbewerbsorientierte Spielen von Videospielen. Die Arten der Videospiele und die damit verbundenen Regeln und Formate vom Wettkampf variieren stark. Laut Forbes “bezieht sich der Begriff eSports auf organisiertes, wettbewerbsorientiertes Spielen unter professionellen Spieler:innen. Obwohl es viele Spiele gibt, welche in diese Kategorie fallen, sind die beliebtesten Spiele im Allgemeinen teambasierte Multiplayer-Spiele aus dem Ego-Shooter- oder Multiplayer Online Battle Arena (MOBA)-Genre. Das Publikum kann das Ereignis entweder durch den Besuch der Arena live oder online auf Streaming Plattformen verfolgen”. Beispiele für die beliebtesten Spiele im eSports Bereich sind Counter Strike (Ego-Shooter), League of Legends (MOBA) und Fortnite (Third-Person-Shooter ohne Blut).

Im Jahr 2019 hat diese Art von Unterhaltung rund 450 Millionen Zuschauer:innen weltweit in seinem Bann gehalten. Derzeit befindet sich die grösste eSports-Fangemeinde in Asien. Jedoch ist dies im Begriff sich zu ändern. 22% aller Internetnutzer weltweit verfolgen eSports aktiv und das spiegelt sich auch in den zu gewinnenden Preisgeldern der grössten eSports Turniere wider. So betrug das Preisgeld der Fortnite Weltmeisterschaft 2019 30 Millionen US-Dollar. Nur Dota 2 konnte mit dem durch Crowdfunding finanzierten Preisgeld von 34 Millionen US-Dollar dies übertrumpfen.

Wer sind die Zuschauer:innen?

Das Klischee von dem männlichen, sozial-verwahrlosten eSports Zuschauer stimmt nicht ganz. Und wenn wir ehrlich sind: Es stimmt überhaupt nicht. Die Zuschauer:innenbasis setzt sich zusammen aus 62% Männern und 38% Frauen. Ausserdem sind 33% des Publikums im Alter zwischen 16 bis 24 Jahren, 37% sind 25 bis 34 Jahre alt und die restlichen 30% sind über 35 Jahre. Weiterhin verdienen die meisten Nutzer:innen ein durchschnittliches Gehalt und leben mit ihren Partner:innen, alleine oder noch bei den Eltern. Zusammengenommen widerlegen diese Fakten die gängigen Klischees gänzlich. 

Wie wir wissen lockt eSports nicht nur aktive Spieler:innen, sondern hat auch einen starken Show-Effekt. Warum bereitet es so viel Spass, anderen beim Spielen zuzusehen? Hier ist die Antwort gar nicht so aussergewöhnlich. Traditionelle Sportwettkämpfe erfreuen sich auch vieler eifriger Zuschauer:innen, die passiv die Show konsumieren. Warum? Man identifiziert sich mit den Sportheld:innen, begeistert sich für Geschichten über sie und kostet den Nervenkitzel in diesem unvorhersehbaren Kräftemessen aus. All das lässt sich auch auf eSports übertragen.

Neben den übertragenen eSports Wettkämpfen gibt es aber auch Solo-Streamer:innen, welche die Spiele nicht wettbewerbsorientiert spielen, sondern nur zur Unterhaltung der Zuschauer:innen. Oftmals sind auch das Gamer:innen, welche mit ihrer Spielfähigkeit überzeugen. Man schaut ihnen zu, weil man von den Besten lernen will und gleichzeitig durch Live-Kommentare der Streamer:innen unterhalten wird. Professionelle Spieler:innen und Streamer:innen können also in fast jeder Hinsicht mit traditionellen Sportheld:innen und Influencer:innen, wie wir sie heute kennen, verglichen und gleichgesetzt werden.

Wie etabliert man sich im eSports-Universum?

Es wird immer schwieriger, die äusserst werberesistenten jüngeren Generationen ‘Gen Z’ und ‘Millenials’ zu erreichen. Die eSports-Welt bietet Touchpoints, die bei klassischer Werbung nicht gegeben sind.  Sie eröffnet neue Möglichkeiten Engagement mit Ihrer Marke aufzubauen. Plattformen, die hierbei relevant sind sind unter anderem: Twitch TV, Youtube und Mixer. Wie nutzt man diese jedoch? 

  • Programmatische Werbung / Bannering

Dies ist wahrscheinlich die einfachste, günstigste und schnellste Marketinglösung. Alles, was Sie brauchen, ist eine gute Botschaft, welche auf  einen Banner übertragen wird und auf Streaming-Plattformen ausgespielt wird. Diese Form von Werbung ist am besten für Branding geeignet. Denken Sie daran, dass das Publikum kritisch und die Konkurrenz geschickt ist. Sie sollte für die Zielgruppe wirklich ansprechend sein.Es empfiehlt sich, bei Zweifel zunächst einen Test mit einigen Respondenten zu machen. 

  • Sponsoring eines Teams

Im Vergleich zum Sponsoring eines traditionellen Sportteams ist die Anfangsinvestition grösser, aber ihre Wirkung hält auch länger an. Das liegt daran, dass es sich um eine langfristige Markenbildung unter Fans eines bestimmten Teams handelt, welches Sie ausgewählt haben. Denken Sie daran, dass die Menschen Ihre Marke stets mit diesem Team in Verbindung setzen werden und wählen Sie Ihr Team mit Sorgfalt. 

  • Partnerschaft mit Solo-Streamer:innen / eSports Influencer:innen

Wie bei jeder anderen Social-Media-Plattform können Sie auf Twitch oder ähnlichen Plattformen mit einem eSports Influencer:innen zusammenarbeiten. Es gibt verschiedene Arten der Partnerschaft, aber selbst einfaches Product Placement kann sehr wirkungsvoll sein.  Es ist typisch, wenn die Zuschauer:innen die gleichen Vorlieben für Snacks, Getränke oder Peripheriegeräte haben wie ihr ‘eSports-Hero’. Realistisch betrachtet könnte Ihre Reichweite etwas geringer sein als bei den ersten zwei Massnahmen. Sie ist jedoch umso effektiver, da Streamer:innen in der Regel eine unter ihren Fans einflussreiche Vorbildfunktion haben. Die Kosten hängen ganz davon ab, wen Sie sich als Influencer:in aussuchen. Es ist jedoch möglich, mit einem kleineren Budget zu beginnen.

  • Ein Turnier sponsern

Dies funktioniert besonders gut, wenn Ihr Ziel lokale Sichtbarkeit ist. Um Ihnen eine Vorstellung von den Möglichkeiten zu geben: Wussten Sie, dass die Weltmeisterschaft 2019 von League of Legends von über 100 Millionen Menschen live mitverfolgt wurde? Diese Form der eSports-Werbung ist relativ teuer und hat ein explosionsartiges Ergebnis: gross, aber kurzlebig. 

ESports in der Schweiz

Die Schweiz hinkt im internationalen Vergleich noch deutlich hinterher. Gerade im Vergleich zu Südkorea, China und den USA merkt man schnell, dass es in der Schweiz noch viel Raum für Entwicklung gibt. Trotzdem deuten erste Anzeichen darauf hin, dass eSports als Thema aufgewertet und ernstgenommen wird. Zunehmend erkennen grössere Unternehmen das Potential von eSports investieren in diesen Bereich. Neben Unternehmen, sind auch verschiedene Fussballvereine, sowie andere grössere Sponsoren in den letzten Jahren in die eSports-Welt eingestiegen. Für die Zukunft zeichnet sich damit eine klar positive Entwicklung des Schweizer eSports ab. 

Einige Beispiele von Unternehmen im Schweizer eSport:

  • Telekommunikationsunternehmen Swisscom hat zusammen mit der ESL (Electronic Sports League) die eigene Schweizer ‘Hero League’ Liga gestartet, in der die besten Schweizer Spieler:innen von verschiedenen Spielen um attraktive Preise kämpfen. Die Swisscom ist ebenfalls der Hauptsponsor vom eSports Team mYinsanity.
  • Der FC Basel hat als erster Verein im Jahr 2017 ein eSports Team gegründet für das Fussballspiel ‘FIFA’.
  • Telekommunikationsunternehmen UPC gründete www.eSports.ch, eine News-Webseite für alle Nachrichten rund um eSports. 
  • Der Touring Club Schweiz (TCS) hat als erste „Non-endemic“ Brand in der Schweiz im Herbst 2018 eine eigene Liga (TCS eSports League) für das Game Rocket League auf die Beine gestellt.
  • Weitere Unternehmen, welche bereits als Sponsoren im Schweizer eSports unterwegs sind: WoG.ch, Brack.ch, Media Markt, Digitec, Ochsner Sport, PostFinance, Allianz, Baloise, Credit Suisse, EAT.ch, Sunrise, Red Bull, Blick 

Es fällt auf, das viele von den involvierten Marken und Unternehmen nicht aus der Hardware- und Technologiebranche stammen, wie man es vielleicht annehmen würde. Sie haben alle den Wert von eSports erkannt und treten als Vorreiter:in, als eine treibende Kraft in dem äusserst spannenden und entwicklungsfähigen Markt auf.

Im Ernst? Ja!

eSports sollte als ein weiterer, vollwertiger Marketingkanal  in die Marketingstrategie aufgenommen werden. Wie bei jeder Art von Marketing ist es dabei wichtig, Ihrem Publikum relevante Inhalte zu präsentieren. Es mag ein wenig dauern, bis Sie herausgefunden haben, welches Spiel, welcher Spielertyp, welche Sende-Plattform und welche Marketing-Taktiken in dieser speziellen Welt zu Ihrer Marke und Ihrer Zielgruppe am besten passen. Jetzt ist jedoch der optimale Zeitpunkt, um sich auf diesem zukunftsorientierten Markt zu positionieren und in die wunderbare Welt des Gamings einzutauchen.

Das folgende Video vom grössten League of Legends Turnier des Jahres gibt einen kleinen Einblick in die riesige Welt des eSports:

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